Als Gast kennt man Ferienwohnungen gut. Man bucht sie irgendwo, man bezieht sie und fährt nach dem Urlaub wieder heim. Doch wie ist es auf der „anderen Seite“? Wir haben Natalia und Markus gefragt. Sie besitzen in Bad Hindelang im Allgäu eine Ferienwohnung.
alpintreff.de: Liebe Natalia, lieber Markus, schön, dass Ihr Euch die Zeit nehmt für ein Interview. Ihr besitzt eine Ferienwohnung in Bad Hindelang. Beschreibt sie doch zunächst erst mal.
Unsere Ferienwohnung ist eine Einliegerwohnung mit eigenem Zugang und eigener Terrasse, die direkt zum großen Garten führt. Die Gäste haben ihre Eigenständigkeit, wir sind aber für sie vor Ort verfügbar. Mit insgesamt 70 qm und zwei separaten Schlafzimmern eignet sich die Ferienwohnung insbesondere für Familien bis zu 5 Personen.
Die Ferienwohnung liegt im Ortsteil „Nordpol“, was ein bisschen wie ein Weiler ist: Durch die weitläufige Felder sind wir und unsere kleine Nachbarschaft vom Bad Hindelanger Ortskern und dem Rest von Bad Oberdorf getrennt. Auf der anderen Seite liegt der Fluss Ostrach und gleich der Berg Imberger Horn.
Nordpol – auch witzig. 🙂 Wie kamt Ihr auf die Idee, im Allgäu eine Ferienwohnung anzubieten? Seid Ihr aus dem Allgäu?
Wir selbst kommen nicht aus dem Allgäu. Markus hat es durch seinen Militärdienst aus Mittelfranken ins Allgäu verschlagen. Und Natalia – aus München dann durch die Liebe 🙂 Wir haben eigentlich nie geplant, eine Ferienwohnung anzubieten. Als im Jahr 2013 Natalias Umzug aus München ins Allgäu mehr oder weniger feststand, haben wir nach einem Haus gesucht. In dieses Haus haben wir uns auf den ersten Blick verliebt. Es bestand aber aus zwei Einheiten, wobei in dem Teil, wo jetzt die Ferienwohnung ist, früher eine Kneippraxis war. Wir haben uns sehr lange überlegt, was wir damit machen können: Die Einheiten sind nicht so voneinander abgetrennt, dass die Einliegerwohnung sich zum dauerhaften Mieten eignet – zum Beispiel gibt es keinen separaten Keller und so weiter. So sind wir zu Gastgebenden geworden und würden es aber jederzeit wieder machen, denn es macht viel Spaß, immer neue und sehr interessante Menschen kennenzulernen und sie in Bad Hindelang zu begrüßen.
Eine gute Idee war es aber ja! Als Einheimische kennt Ihr Euch bestens aus. Was kann man während eines Urlaubes in Eurer Gegend noch so unternehmen? Geheimtipps? Eure Lieblingsziele?
Das kann aber sehr lang werden 😊 Die unmittelbare Nähe zur Ostrach und Imberger Horn ermöglicht es, eine Wandertour direkt vor der Tür zu starten. Hier an der Hornbahn kann man im Sommer im Mounain Bike Park & Down Hill seine Grenzen testen, und im Winter beim Rodeln eine Menge Spaß haben! Ski-und Wandergebiet Oberjoch ist bei unseren Gästen auch sehr beliebt. Diejenige, die keine Pistenfans sind, finden im Wintger eine Langlaufloipe direkt hinter dem Haus. Im Sommer kann man im Naturbad Hindelang, welches in 500 m Entfernung liegt, die gewünschte Abkühlung nehmen. Das schlechte Wetter kann den Urlaub auch nicht verderben: ganzjährig bieten das Erlebnisbad „Wonnemar“ in Sonthofen, ABC Bade-Center Nesselwang oder ein 3.000 qm großer Hallenspielplatz „Allgäulino“ in Wertach (20 min. mit dem Auto) eine Alternative zu Outdoor-Tätigkeiten.
Auch ist die Lage perfekt für zahlreiche Tagesausflüge: Schloß Neuschwanstein und Hohenschwangau, der Bodensee mit der Inselstadt Lindau, Blumeninsel Mainau, Allgäuer Skywalk in Scheidegg, Breitachklamm in Oberstdorf und und und…
Wir sind mitten in der Natur, aber auch kulturell ist einiges geboten! Viehscheid (Almabtrieb), Jochpassmemorial (Oldtimer), einer der besten Weihnachtsmärkte in Deutschland, „Hindelanger Markt“, „ein Ort wird Musik“ und vieles, vieles mehr!
Unser Geheimtipp ist Glühwürmchenweg entlang der Ostrach, und Lieblingsziel zur Zeit ist der Schleierfall in Bad Oberdorf.
Wir wissen, dass Vermieter diskret und verschwiegen sind. Doch was sind die lustigsten oder kuriosesten Fragen, die Ihr von Gästen gestellt bekommt?
Als wir „an Start“ gingen, haben wir natürlich sehr lange wegen des Namens überlegt. Da wir selbst aus interkultureller Umgebung kommen, wollten wir die „Marke“ unserer Ferienwohnung entsprechen international und modern gestalten. So sind wir zu Holiday @ Bad Hindelang gekommen. Unglaublich, aber die Domain dazu war auch frei. Nun als Folge kam es schon mal vor, dass die Menschen uns in Glauben anschreiben, wir wären das Tourismusbüro von Bad Hindelang.
Ihr seid in den sozialen Netzwerken sehr aktiv. Ist das aus Eurer Sicht ein Trend und notwendig in der jetzigen Zeit? Buchen darüber Gäste?
Wir haben bis jetzt kein richtiges Tracking darüber geführt und nachgefragt, ob die neuen Gäste über die sozialen Netzwerke zu Buchungen gekommen sind. Unsere facebook– und Instagram-Community ist aktuell eher „kuschelig“ mit jeweils ca. 300 Followers / Abonnenten. Wir sehen die sozialen Netzwerke nicht als „Lead-Generierung“, sondern eher die Möglichkeit, unser schönes Bad Hindelang bekannter zu machen, mit unseren Gästen auch nach ihrem Urlaub in Kontakt zu bleiben und – ganz wichtig für uns – auch mit anderen lokalen Small Business zu interagieren.
Wenn Ihr Euch so nett kümmert, habt Ihr bestimmt viele Stammgäste?
Je nach dem, was man unter „viel“ versteht 😊 Wie haben schon einige Stammgäste, unser Eindruck ist eher, dass je jünger die Generation ist, desto mehr Abwechslung sie in ihren Urlaubsorten haben möchte. Hierzu würden uns auch die Erfahrungen anderen Gastgebenden interessieren, die schon länger „im Beruf“ sind. Natalia ist auch eher der Typ, die alles auf der Welt erleben möchte und daher den Urlaub immer woanders verbringen möchte. Markus ist eher ein „Stammgast“-Typ, der sich wiederum freut, an die Lieblingsorte wieder zurückzukehren.
Beides hat seinen Reiz, denken wir. Ihr lebt, wo andere Urlaub machen. Segen oder Fluch? Wohin fahrt Ihr in Urlaub?
Fluch ist es nur im November vor dem Hindelanger Weihnachtsmarkt, wenn in der Ortschaft wirklich ALLES geschlossen ist 😀 Ansonsten finden wir es schön, und wir haben nicht nur unsere Gäste, sondern allgemein den Menschentrubel während des Lockdowns sehr vermisst. Natürlich muss auch Hindelang die zukünftigen Probleme von Overtourismus proaktiv angehen. Unser Tourismus beschäftigt sich aber sehr intensiv mit aktuellen Entwicklungen und arbeitet an vielen Konzepten sogar (soweit mir bekannt ist) mit wissenschaftlicher Unterstützung von Tourismus-Fakultät der Hochschule Kempten. Nicht zu vergessen ist auch der wirtschaftliche Aspekt – laut allgäu.de[1] sichert die Tourismusbranche 60.000 Arbeitsplätze in der Region.
Da wir in so einer wunderschöner Naturkulisse wohnen mit unendlich vielen Freizeitmöglichkeiten nach jedem Geschmack, fahren wir eigentlich nur weg, um besser abzuschalten und aus der täglichen Routine rauszukommen. Früher haben wir oft Sightseeing gemacht. Aktuell wird unser Urlaub dank unserem fünfjährigen jüngsten Sohn durch Kinderfreundlichkeit des Urlaubsortes bestimmt…
Kann man vom Vermieten einer FeWo leben? Wieviel Arbeit bedeutet das täglich für Euch?
Vom Vermieten EINER Ferienwohnung wahrscheinlich nicht, dann braucht man eher schon zwei oder drei Wohnungen. Wir sind beide berufstätig, und das ist unsere eigentliche Einnahmequelle. Die Einnahmen von Vermietung dienen dazu, die Ferienwohnung immer weiter zu modernisieren und mehr Komfort für die Gäste zu schaffen. Natalia hat da eine lange Projektliste, die jetzt durch Corona gestoppt wurde.
Den gesamten Arbeitsaufwand würden wir ca. auf 10 Stunden/Woche ansetzen, wobei es sich großteils um administrativen und organisatorischen Aufwand handelt. Hauptsächlich fällt darunter die Daten zu pflegen, Anfragen zu bearbeiten, Anreise/Check-In zu koordinieren, Buchhaltung zu erledigen, Webseite aktualisieren und so weiter. Die Zeit für soziale Netzwerke ist hier nicht eingerechnet 😛 Die Reinigung selbst wird von einem kleinen lokalen Unternehmen aus Sonthofen durchgeführt.
Investitionen finden wir gut, so bleibt man aktuell und es macht ja auch Spaß, alles zu verschönern. Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Euren Betrieb und Euch ausgewirkt?
In mehreren Aspekten. Es war sehr traurig und herzensschwer mitzuerleben, den Menschen ihren lang gebuchten und ersehnten Urlaub absagen zu müssen. Verschieben ist für unsere Gäste selten eine Option, da oft zum Beispiel mehrere Freunde oder Geschwister-Familien / Eltern-Großeltern kommen. Für sie ist es extrem schwierig, einen anderen Termin zu finden, der allen passt.
Natürlich hat es uns auch finanziell durch Beherbergungsverbot getroffen – auch wenn wir durch Berufstätigkeit von uns beiden hier nicht in finanziellen Nöten gekommen sind, wurden die Rücklagen aufgebraucht und einige Neuanschaffungen und Renovierungen mussten nun verschoben werden.
Auch die Gemütlichkeit in der Ferienwohnung hat gelitten – alle Dekokissen, Kuscheldecken usw. mussten entfernt werden. Was Hygiene-Standards angeht, haben wir auch vor Corona bereits fast alles so gehandhabt, außer dass vorher nicht so viele Desinfektionsmittel und Masken verwendet wurden. Das kam dann dazu.
Habt Ihr Wünsche für die Zukunft? Wollt Ihr vielleicht sogar expandieren?
Wir wünschen uns, dass der Urlaub im Allgäu auch nach der Pandemie im Trend bleibt. Gezielte Expansionswünsche haben wir nicht. Da wir aber das Gastgeben sehr bereichernd finden, werden wir nicht nein sagen, sollte sich eine solche Gelegenheit ergeben.
[1] https://standort.allgaeu.de/tourismus-und-freizeitwirtschaft-1